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Angst und Rückschläge: Wie meine Werte mich trotz meines Krankenhausaufenthalts durch die Schwangerschaft tragen

Das Leben hat die erstaunliche Fähigkeit, uns vor Herausforderungen zu stellen, die wir uns nicht vorstellen können. Im Jahr 2023 erlebte ich eine stille Geburt – ein Ereignis, das mein Leben tief geprägt hat. Es ist eine Erfahrung, die mit einem Schmerz einhergeht, der schwer in Worte zu fassen ist, und die mich teilweise mit einer Angst zurückließ, die ich noch nie zuvor empfunden hatte.

Nun, fast zwei Jahre später, befinde ich mich im letzten Trimester einer erneuten Schwangerschaft. Doch das Leben hatte auch dieses Mal eine Herausforderung für mich parat. Besonders die Wochen rund um Weihnachten 2024 haben mich mit einer meiner größten Ängste konfrontiert: Ein verkürzter Gebärmutterhals führte dazu, dass ich ins Krankenhaus musste. Die Möglichkeit einer Frühgeburt stand im Raum.


Wenn die Angst laut wird

Allein der Gedanke, dass ich erneut einen Verlust erleben könnte, löste eine Lawine von Emotionen in mir aus. Die Nächte im Krankenhaus waren von gemischten Gefühlen geprägt – teils voller Sorgen und Was-wäre-wenn-Szenarien, teils voller Hoffnung. Ich lag nämlich auf der Geburtenstation und konnte auch in eine positive Zukunft blicken. Als ich schließlich einen Tag vor Weihnachten nach Hause durfte, war klar: Ich musste mich schonen und viel liegen. Und genau da – in dieser erzwungenen Ruhe, in der Stille unseres neuen Hauses – wurden die negativen Stimmen in meinem Kopf immer lauter. Anfangs versuchte ich, sie so gut wie möglich zum Schweigen zu bringen. Doch genau in diesen Momenten habe ich etwas sehr Wichtiges gelernt: Ich kann diese Stimmen nicht zum Verstummen bringen, aber ich kann lernen, mit ihnen zu leben.


Hier hat mir der Ansatz der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) geholfen. Ein zentraler Gedanke dieser Methode ist, dass es nicht darum geht, unsere Gedanken und Gefühle zu kontrollieren, sondern eine andere Beziehung zu ihnen aufzubauen. Ich habe angefangen, meine Ängste in Bezug auf die zweite Schwangerschaft nicht als Feinde zu sehen, sondern als Begleiter, die ich akzeptieren darf.


Der Umgang mit Ängsten

Ich habe eine einfache Übung gemacht, die mir geholfen hat, mit meinen Ängsten umzugehen: Wenn ein negativer Gedanke aufkam, habe ich ihn nicht bekämpft, sondern ihn bewusst wahrgenommen und benannt. Zum Beispiel: „Da ist der Gedanke, dass unser Kind zu früh auf die Welt kommen könnte oder – noch schlimmer – diese Geburt nicht übersteht und ich wieder eine stille Geburt durchleben und durchleiden müsste.“ Der Kontext dieses Gedankens war mir schnell bewusst: Ich wollte die schlimmste Situation meines Lebens nicht noch einmal durchleben. Dann machte ich mir bewusst, wie wahrscheinlich diese Situation tatsächlich war. Einerseits führte ich Recherchen durch, um herauszufinden, wie hoch das Risiko war, dass ein Kind in der 32. Schwangerschaftswoche eine Geburt nicht überlebt, und wie wahrscheinlich es war, mit einem verkürzten Gebärmutterhals trotz stationärer Behandlung eine Frühgeburt zu erleben. Ich sprach mit vielen Freundinnen über das, was mir gerade widerfuhr, und lernte, dass eine solche Situation sehr häufig vorkommt. Dadurch wurden der Gedanke und meine Angst greifbarer, weniger überwältigend. Er war plötzlich nur noch ein Gedanke – nicht die Wahrheit.


Hoffnung und Vertrauen als Anker

Gleichzeitig habe ich meinen Fokus auf einen Wert gelegt, der für mich sehr wichtig ist: Vertrauen. Ich habe mich gefragt: „Wie kann ich trotz dieser Ängste Vertrauen in mich und mein Baby haben?“ Die Antwort war für mich, kleine Rituale zu schaffen, die mir Sicherheit gaben – wie täglich ein paar Minuten, in denen ich mir vorstellte, wie ich mein Baby zum ersten Mal in den Armen halte und wie wir zum ersten Mal gemeinsam unser Zuhause betreten.

Ein weiterer wichtiger Wert, der mich ebenfalls getragen hat, war Humor. Es mag seltsam klingen, in einer solch angespannten Zeit über Humor zu sprechen, aber er hat mir geholfen, den Druck etwas zu lösen. Es waren oft die kleinen Dinge: ein lustiges Video, ein Gespräch mit meinem Partner, bei dem wir gemeinsam über absurde Schwangerschaftsmomente lachten, oder auch mein eigener Versuch, mich mit meiner Situation zu versöhnen, indem ich die unbequeme Liegeposition als „mein neues Fitnessprogramm“ bezeichnete. Lachen hat mir erlaubt, die Schwere der Situation für einen Moment loszulassen. Es hat mir gezeigt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Raum für Leichtigkeit gibt – und dass dieser Raum mich wieder mit meiner Stärke verbinden kann.


Die Werte, die mich getragen haben

Am Ende war es die Kombination aus Vertrauen und Humor, die mich durch diese herausfordernde Zeit getragen hat – zwei Werte, die für mich zentral sind. Und genau das möchte ich auch in meiner Arbeit als psychosoziale Beraterin weitergeben: Wenn wir durch schwierige Zeiten gehen, sind Ängste real und dürfen da sein – aber sie müssen nicht der Hauptdarsteller in unserer Lebensgeschichte sein. Lenken wir den Blick auf das, was wirklich für uns zählt. Für mich waren es diese Werte, die mir geholfen haben, wieder Vertrauen zu finden – in mich selbst, in meinen Körper und in das Leben.


Heute, Ende Januar 2025, blicke ich mit Demut und Dankbarkeit zurück. Es war keine einfache Reise, aber sie hat mir gezeigt, dass ich stark bin – auch wenn ich das manchmal bezweifelt habe. Und egal, wie die kommenden Wochen verlaufen, ich weiß, dass ich nicht allein bin. Ich habe meine Werte als Anker und die Fähigkeit, auch in schwierigen Momenten ein Licht zu sehen.


PS: Ich bin noch immer schwanger und muss mich auch nicht mehr schonen, denn unser Sohn kann und darf jederzeit das Licht der Welt erblicken.

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